Der ganze Körper antwortet: Tieryoga als Stundenbeginn
Es war einmal … die Total Physical Response (TPR), ein Klassiker der Fremdsprachendidaktik. “Stand up! Sit down! Open your book!” Alle, die in den 70er Jahren und danach in der Schule Fremdsprachen gelernt haben, erinnern sich vermutlich. Sprachvermittlung trifft Bewegung, der ganze Körper ist involviert. Die Schulklasse steht gemeinsam auf, setzt sich, legt etwas auf den Tisch, sagt etwas. Auch meine erste Englischstunde sah so aus. Ich war zehn, es war 1992. Englisch kannte ich vorher nur aus ein paar kleinen Übungsstunden mit Papa und als Hintergrundgeräusch aus dem Radio.
Ein bisschen hat es mir damals Angst gemacht, als der sonore Herr an der weiterführenden Schule mit Cordjacket, wenig Haar und großen Ohren mich (und den Rest der Klasse) zu Bewegungen aufforderte, die ich noch nicht verstand. Aber die Angst verging schnell. Als ganze Klasse fanden wir heraus, was er von uns wollte und wir standen brav auf, setzten uns und taten nichts, wenn Simon es nicht gesagt hatte. Manchmal schielten wir auch nur zur Klassenbesten und machten nach, was sie tat.
Das ist eine ganz gute Methode, um Schüler:innen erst einmal das aktive Zuhören zu ermöglichen, bevor sie selbst Sprache produzieren sollen. Sie haben dadurch schnell kleine Erfolgserlebnisse als Sprachenlerner:innen in der Gemeinschaft. So weit, so bekannt.
Total Physical Response geht auch ohne Befehlssituation
Ein bisschen ist die Methode eingeschlafen – mit der tendenziellen Abkehr von der Lehrerzentrierung und dem Bewusstsein, dass solche “Befehlssituationen” dann doch auch eher geringen Lebensweltbezug haben und in der englischen Sprache auch richtiggehend unhöflich sind – außer vielleicht beim Militär. Spielerisch – wie bei “Simon says” – kommt TPR natürlich gelegentlich weiterhin zum Einsatz. Wenn nach und nach Schüler:innen die Rolle der Befehlsgebenden übernehmen, lässt sich die Lehrerzentrierung durchbrechen. Zur Einführung und Festigung von Wortschatz ist die Methode weiterhin gut geeignet.
Nur, wie kommt man um die Befehlssituation herum?
Ganz einfach, indem man statt Befehlen Anleitungen, Geschichten und weitere spielerische Elemente integriert. Was lieben viele Kinder besonders im Alter von zehn, elf, zwölf Jahren? Tiere und Humor. Was würde ihnen für ihre Konzentration und Achtsamkeit guttun? Yoga, Atmung, achtsame Bewegungsabfolgen.
Wie Tieryoga beim Vokabelnlernen hilft
Das Aktivkartenset “Fantastic Animal Yoga” kombiniert diese Aspekte. Und bietet sich damit toll als Einstiegs- und Erfrischungsritual an. Tiger, Flamingo, Schlange, Hund, Schweinchen, Löwe. Alle Lieblingstiere haben ihren Platz auf einer von 52 Karten, deren Überschrift den Tiernamen und ein Adjektiv oder Gerundium enthält. Es gibt zum Beispiel “The Drooling Dog”, “The Proud Piggy”, “The Lazy Lion”. Dazu gibt es kurze Beschreibungen, wie die Pose aussehen soll.
- Fantastic Animal Yoga: 52 Karten
- Die Regeln zum Spiel
- The drooling dog
- The floating flamingo
- The elevated elephant
Für die ersten Stunden können allein die Tierbezeichnungen verwendet werden (ohne beschreibenden Zusatz). Eine kleine Kartenauswahl (ca. 5-10) ist mehr als genug. Die Schüler:innen können eine freie Pose wählen, die das Tier repräsentiert. Wenn die Tiernamen sitzen, können die Adjektive und Gerundien hinzugefügt werden. In Teams können die Lernenden darstellen und erraten. Einer der Schlüssel beim Vokabellernen ist die häufige Wiederholung in unterschiedlichen Situationen. Mit den Karten ist das leicht möglich ohne, dass die Lehrkraft sich ständig etwas ausdenken muss.
Tieryoga für Fortgeschrittene
Bei Ratespielen in Teams und Tandems können Tierlaute verwendet werden, Pantomime, Beschreibungen oder Zeichnungen. Sortieraufgaben wälzen das Gelernte um:
- Benennt die Säugetiere, Fische, Tiere, die im Wasser leben, die Vierbeiner, die Vögel oder die, die mit M beginnen.
- Fühlt Euch in die Yogapose ein.
- Erstellt eine eigene Karte.
- Entwickelt einen Dialog oder eine kurze Geschichte, indem ihr zwei Tiere aufeinandertreffen lasst.
- Verbindet zwei Tiere in einer Zeichnung und lasst die anderen raten, welche Geschöpfe verbunden wurden.
- Schreibt ein Lied über eines der Tiere.
Unglaublich viele Aktivitäten können durch das Kartenset animiert werden. Etwa 30 sind im Vorfeld beschrieben. Vielleicht wollen die Kinder auch ein eigenes Set für den Schulhof, um quartettartig zu vergleichen, zu tauschen und Besonderheiten der Tiere zu recherchieren. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. 52 Karten und ihre Ergänzungen können Unterricht und Vertretungsstunden von der 4. bis zur 13. Klasse bereichern.
Beitragsbild: Here and now, unfortunately, ends my journey | Pixabay

Über Mareike McKim
Mareike McKim ist Gymnasiallehrerin für die Fächer Englisch, Deutsch und Darstellendes Spiel an einer Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe in Hessen. Sie ist UNESCO-Delegierte für die Rolle von Bildung für Frieden und Nachhaltigkeit. Gemeinsam mit ihren Kollegen beim Pestalozzi-Programm des Europarats und anderen ehemaligen Finalisten des Weltlehrerpreises setzt sie sich für nachhaltige Bildung und die Anerkennung des Lehrberufs ein. Ihr Konzept einer Bildung für Frieden und Nachhaltigkeit vertritt sie als Sprecherin und Autorin in Fortbildungen und bei Konferenzen, u.a. bei TEDxHeidelberg. Blog: www.mareikehachemer.jimdo.com
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