Best of Wortschatz-Blog: So abwechslungsreich kann Wortschatzarbeit sein

Spiele, Litaraturanalyse, wissenschaftliche Hintergründe – eine Übersicht über schöne Unterrichtsideen zum Thema Wortschatz

“Das Pferd hat braune Lederstiefel.” Ohne-Kontext-Lernen? Ja, bitte!

Über viele Jahre war das Kontext-Lernen das Non-Plus-Ultra im Spracherwerb. Angelehnt an das Lernen der Muttersprache sollten auch Zweit- und Fremdsprachlernende aus dem Kontext erraten oder erschließen, welches unbekannte neue Wort sich hinter einem Begriff der Fremdsprache versteckte. Kontext wurde auch deshalb betont, weil er zuvor als fehlend wahrgenommen wurde: Zufällige Vokabellisten mit scheinbar unzusammenhängenden Wörtern sollten der Vergangenheit angehören. Um Vokabular im mentalen Lexikon im semantischen Bereich andocken zu lassen, kam das Lernen und Erschließen aus dem Kontext hinzu:  “Sheila has lighter hair than her classmates. Her hair is very blonde.” Es braucht nicht einmal die Ähnlichkeit der Wörter “blonde” und “blond”, um hier aus dem Zusammenhang zu erraten, welches deutsche Wort sich wohl hinter “blonde” versteckt. Es gibt keine hellere Haarfarbe.  Das Wort ist in hohem Maße erratbar. Hatten Schüler:innen dennoch Schwierigkeiten, das Wort zu erschließen, gab es weitere Hinweise über den Zusammenhang.

Der – eigentlich offensichtliche – Nachteil des Lernens mit Sinn-Kontext: Wenn ich ein Wort ganz leicht im Zusammenhang erraten kann, sieht mein Gehirn keinen Grund, sich das Wort zu merken. Weiterlesen

“It’s verry, verry difficlut!” – Fremdsprachen lernen mit Lese-Rechtschreibschwäche

Dominik war 17, als ich ihn kennen lernte. Ein netter Schüler, interessiert, freundlich, mit mittleren Schulleistungen. Mündlich konnte er sich gut ausdrücken und beteiligte sich gern, aber schriftlich? “Dominik, du hast in der letzten Arbeit 37-mal das Wort „very“ mit zwei “R” geschrieben. Wie kommt das denn?” Klassenkameradin Mia ist eine schulische Überfliegerin, sie wird ein gutes Abitur machen. Aber manche Buchstaben verdrehen sich bei ihr immer wieder: “How” statt “who”, “dos” statt “does”. Und immer “your” statt “you’re”. Aber aufmerksam ist sie und kann Themen gut tief durchdringen. Thomas hingegen hat sich schon in der fünften Klasse ziemlich zurückgezogen, weil ihm Lesen und Schreiben so schwerfallen. Irgendwie hat er sich durch die Mittelstufe gehangelt.

Ich war als Lehrerin noch recht jung, hatte in Referendariat und Studium nichts über Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) gelernt. Weiterlesen

Binnendifferenzierung im Englischunterricht in Klasse 5

Ein Blick auf zweisprachige und muttersprachliche Lernende

Der Fremdsprachenunterricht hat unter den Unterrichtsfächern eine besondere Stellung, was die Binnendifferenzierung bei starken Lernenden anbelangt. Kleine Einsteins haben wir nur selten im Physikunterricht, kleine Goethes im Deutschunterricht sind auch eher rar. Aber Kinder, die zweisprachig aufwachsen und damit schon meilenweit über den Inhalt des ersten weiterführenden Englischlernjahres hinaus sprachkompetent sind, die gibt es immer mal wieder in unserer globalisierten Welt. Es ist eben gar nicht mehr so selten, dass ein oder zwei Elternteile englische Muttersprachler oder internationale Globetrotter sind.

Diese Schüler:innen im Unterricht zu fördern, kann eine Herausforderung sein. Aber in den meisten Fällen ist es eine wunderbare Chance und Bereicherung für Lehrer:innen, Mitschüler:innen und die zweisprachigen Lernenden selbst. Weiterlesen

Vokabeln lernen – sieben Mythen unter der Lupe

Kaum eine Aufgabe zieht sich so kontinuierlich durch die Schulzeit wie das Lernen neuer Vokabeln. Trotzdem widmet sich nur ein sehr geringer Teil der Schulzeit der Frage, wie das Lernen neuer Wörter am besten gelingt. Mal gilt Karteikarten-Pflicht, andere nutzen Vokabelhefte oder Apps. Ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler lernt vermutlich einfach mit den Wörterlisten in den Lehrbüchern. Und kaum jemand empfindet helle Freude bei Hausaufgaben nach dem Motto: „Bis Montag Vokabeln von Seite 198 bis 201 können“.

Darüber, wie sich diese Aufgabe am besten bewerkstelligen lässt und welche Relevanz sie überhaupt besitzt, kursieren zahlreiche Mythen. Wer sie kennt und richtig bewertet, kann Stolperfallen beim Lernen neuer Wörter umschiffen. Ein Überblick:

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Immersion: Anregungen aus dem Sprachbad

Warum fremdsprachliche Kommunikation über interessante Sachthemen so viel bringt

Wenn es um immersiven Unterricht geht, macht sich oft eine gewissen Ehrfurcht breit. Es ist beeindruckend, dass die Methode tatsächlich funktioniert: Schülerinnen und Schüler tauchen in das berühmte „Sprachbad“ ein und erwerben auch mit vergleichsweise wenig theoretischer Unterweisung Wortschatz und grammatische Strukturen. Dass trotzdem an den meisten Schulen nicht vollständig immersiv unterrichtet wird, hat allerdings gute Gründe Weiterlesen

Individuelles Feedback bei Tests

Wie individuelle Rückmeldungen bei Tests nachhaltiges Lernen fördern können

Die Verfügbarkeit kommunikativer Mittel zählt zu den wichtigsten Kompetenzen im modernen Fremdsprachenunterricht. So steht es in den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz. Ob die Schüler*innen grammatische Strukturen und Wortschatz auch wirklich beherrschen, wird neben den schriftlichen Leistungskontrollen auch in Tests überprüft.

In Klausuren und Klassenarbeiten sind individuelle und detaillierte Rückmeldungen über die erbrachte Leistung mit Bewertungsrastern schon üblich. Bei Tests hingegen beschränkt sich die Rückmeldung viel zu oft auf richtig oder falsch. Das spart Zeit, aber man verschenkt wertvolle Ressourcen. Es lohnt sich auch bei Tests, den Schüler*innen ein konstruktives Feedback und damit auch eine Rückmeldung zum eigenen Lernstand zu geben. Weiterlesen

Zehn Strategien, um nachhaltig Vokabeln zu lernen

Seit Jahren beschäftige ich mich mit der Frage, wie Menschen Wortschatz in einer Fremdsprache lernen. Unter anderem haben wir hier im Wortschatz-Blog seit über drei Jahren eine breite Auswahl an Tipps, Übungen und Studien zum Thema zusammengestellt. Mitte August bekam ich die Gelegenheit, das gebündelte Wissen noch einmal in einem ganz neuen Kontext anzuwenden – meine Tochter besucht jetzt die fünfte Klasse am Gymnasium. Der zuvor an der Grundschule eher gemütliche Englischunterricht ist seitdem einem straffen Pensum gewichen, mitunter muss sie von einer Woche zur nächsten seitenweise Vokabeln lernen.

Seitens der Schule gibt es wenig Vorgaben und Hilfestellung, wie die Kinder dabei vorgehen sollen. Deshalb habe ich versucht herauszufinden, was ihr am besten hilft. Und da ich höre, dass das Lernen großer Mengen von Vokabeln auch andere Familien umtreibt, stelle ich hier einmal zehn Praxistipps zusammen, die sich nicht nur als sinnvoll, sondern auch familienverträglich herausgestellt haben. Ich würde mich freuen, wenn sich mehr Lehrerinnen und Lehrer die Zeit nehmen würden, den Kindern ein paar dieser Tipps und Methoden mit auf den Weg zu geben.

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Mediation – immer wieder mit Übersetzung verwechselt

Warum viele Schülerinnen und Schüler Mediationsaufgaben unterschätzen

Mediationsaufgaben in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden ziehen sich im Fremdsprachenunterricht durch alle Schulstufen. In meinen Klassen 11 bis 13 an beruflichen Schulen stelle ich trotzdem immer wieder fest, dass den Lernenden nicht ganz klar ist, war eine Mediation ist und wie sie an die Aufgabe herangehen. Weiterlesen

Mündliches Feedback bei Wortschatzarbeit

Warum Fehlerkorrektur wichtig ist und wann sie hilft

Feedback im Fremdsprachenunterricht bewegt sich im Spannungsfeld zwischen „Message before Accuracy“ und „Vorsicht vor Fossilierung“. Es geht also einerseits darum, nicht zu demotivieren, wenn die Aussage trotz eines Fehlers verständlich ist. Andererseits gilt es aber auch zu verhindern, dass Aussprachefehler die Verständlichkeit beeinträchtigen und dass mehrere Lernende falsche Aussprache oder Wortverwendung übernehmen. Weiterlesen