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Handschrift hilft dem Gehirn auf die Sprünge

Handschriftlich Vokabeln lernen ist out – aber nicht unwichtig

Mehr und mehr verdrängen Tastaturen und Touchscreens Füller und Kugelschreiber aus unserem Leben. Die Handschrift verkümmert. Gut ist das nicht …

Denn das Schreiben von Hand hilft uns beim Denken, wie Lernforscher der Universitäten Kalifornien und Princeton in einer gemeinsamen Studie nachwiesen: Studierende, die sich handschriftlich Notizen machen, schnitten in Leistungstests besser ab als Studierende, die sich Notizen mit dem Laptop anfertigten. Auch eine Untersuchung der Neurowissenschaftlerin Marieke Longcamp und ihres Teams belegte bereits 2005: Kinder, die neue Buchstaben lernen, prägen sich diese leichter mit dem Stift als mit der Tastatur ein.

Wie die  Motorik unser Gehirn schult

Warum besitzt die Handschrift Einfluss auf den Lernerfolg? Marieke Longcamp fand in ihrer Studie heraus, dass bei Probanden, die handschriftliche Notizen anfertigen mehr Gehirnregionen aktiv sind als bei Probanden, die sich Wissenswertes über eine Tastatur notieren. Das deckt sich mit einer Untersuchung von Karin James von der Indiana University. Eine Vermutung lautet, dass die motorische Bewegung, mit der die Teilnehmenden der Studie beim handschriftlichen Schreiben ein Wort nachvollziehen, die Merkfähigkeit fördert.  Wer sich handschriftlich Notizen macht, ist zudem gezwungen, Inhalte zu verknappen, um Relevantes notieren zu können.  Nutzten Probanden eine Tastatur, schrieben sie meist alles Wort für Wort mit. Insofern ist der Prozess des Notierens bereits eine Auseinandersetzung mit dem Gegenstand.

Analog statt digital?

Sind vor dem Hintergrund dieser Studien alle Bemühungen gescheitert, digitale Medien für eine Verbesserung des Unterrichts zu nutzen? Nein. Digitale Medien helfen dabei, Lerninhalte verfügbar zu machen, zu strukturieren, mit anderen zu teilen und zu präsentieren. Zum Beispiel unterstützen moderne Grafikrechner Schülerinnen und Schüler dabei, mathematische Inhalte zu visualisieren. Der Einsatz von Laptops oder Tablets im Unterricht vermittelt Kindern und Jugendlichen Medienkompetenz. Elektronische Wörterbücher erleichtern im Sprachunterricht das Nachschlagen von unbekannten Begriffen und Redewendungen. Darüber hinaus ermöglichen sie das Vertiefen des Wortschatzes mit Vokabeltrainer und Karteikartenprinzip. Nichtsdestotrotz sollten die aktuellen Untersuchungen denen zu denken geben, die die Digitalisierung der Bildung ohne Augenmaß vorantreiben wollen: Dort, wo alte Lernmittel wie Stift und Vokabelheft Sinn machen, sollten sie weiterhin Verwendung finden.

Handschriftlich notieren, digital suchen

Was wir brauchen, ist eine neue Arbeitsteilung zwischen analog und digital: Sollen sich Schülerinnen und Schüler erstmals eine fremde Vokabel einprägen, notieren sie diese im Idealfall handschriftlich in ihre Vokabelhefte. Vollzieht die Hand die Schreibbewegung, ist der Grundstein für das Erinnern gelegt. Um die Bedeutung unbekannter Begriffe und Redewendungen zu suchen, ist das elektronische Wörterbuch geeigneter: Die Suche ist wesentlich schneller als im Papierwörterbuch und der Lesefluss bzw. das Unterrichtsgespräch wird darum weniger aufgehalten. Auch lässt sich das Lernen mit elektronischem Wörterbuch einfacher systematisieren: Aus der Favoritenliste erstellen Schülerinnen und Schüler einen Vokabeltest, mit dem sie ihr Wissen prüfen können. Wann und in welcher Form digitale Lernmedien im Unterricht eingesetzt werden, muss je nach Lernziel immer differenziert betrachtet werden.


Beitragsbild: Fotolia 114480165, von Ivan Kruk, zugeschnitten und verkleinert

dirk herzog

Über Dirk Herzog

Dirk Herzog schreibt seit vielen Jahren über Bildungs- und Schulprojekte. Beim Wortschatz-Blog kümmert er sich um die Themenplanung und redaktionellen Abläufe.

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