Experiment: Wortschatztraining als Hausaufgabe
Vokabeln lernen – Zuhause oder im Klassenzimmer
Hausaufgaben sind Schülerinnen und Schülern seit jeher ein Dorn im Auge. Besonders ungeliebt ist vielen das Vokabellernen. Doch die häusliche Übung ganz abzuschaffen, kommt für die meisten (noch) nicht in Frage.
Nicht nur unter Lernenden sind Hausaufgaben ein Reizthema. Auch Fachleute sind sich uneinig, wie sinnvoll das tägliche Wiederholen und Üben von Unterrichtsinhalten am heimischen Schreibtisch ist.
Der Journalist Armin Himmelrath hat sich in seinem Buch „Hausaufgaben – Nein Danke!“ mit dem Nutzen von Hausaufgaben befasst. Sein Ergebnis: Sie hätten keinen pädagogischen Effekt und seien deshalb Zeitverschwendung. Seit mehr als 500 Jahren gebe es Hausaufgaben im deutschen Schulsystem. Bisher gebe es jedoch keine wissenschaftliche Studie, die die Wirksamkeit dieser Lernmethode belege, so Himmelrath im Deutschlandfunk-Interview. Himmelrath plädiert stattdessen für Schulaufgaben – also Zeiten, in denen Kinder im schulischen Umfeld selbstständig lernen könnten. Denn das Lernen Zuhause sei ein Zufallsprodukt – je nachdem, ob es beispielsweise Hilfe der Eltern gebe oder nicht.
Ob Eltern bei den Hausaufgaben helfen dürfen, beantwortete Antje Malycha, Leiterin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Lüdenscheid, in einem stern-Artikel wie folgt: „Natürlich. Aber spätestens ab der 7. Klasse sollten Schüler allein arbeiten. Hausaufgaben bringen oft Spannung und Konflikte in die Familie. An unserer Schule bieten wir deshalb Betreuung durch Lehrer und ältere Schüler an.“ Sie empfiehlt: „Am besten ist es, wenn die Kinder sich einen Plan machen: Bis wann muss ich Englisch erledigt haben, bis wann die Deutsch-Hausaufgabe. Es kann durchaus mal sinnvoll sein, abends noch ein paar Vokabeln zu lernen.“
In seinem Blog digitales-schulleben.com (leider inzwischen offline) beschrieb Lehrer David Obst Pro und Contra von Hausaufgaben – und kam zu dem Schluss: Die Argumente gegen Hausaufgaben seien wesentlich eingängiger als die Argumente dafür. Er macht sich selbst zur Aufgabe, folgende Leitgedanken zu berücksichtigen, wenn es um Hausaufgaben für seine Schülerinnen und Schüler geht:
- Freiwilligkeit: Wer Übungsbedarf hat, kann auf Aufgaben zurückgreifen.
- Umfang: Identische Aufgaben müssen nicht zwingend bearbeitet werden.
- Regelmäßigkeit: Aufgaben werden regelmäßig gegeben, bis Lernende ihren Übungsbedarf realistisch einschätzen können.
- Individualisierung: Aufgaben werden bedarfsgerecht vergeben.
Dieser Tweet zeigt: Begeisterung sieht anders aus. Vokabellernen und Hausaufgaben lassen Jugendlichen manchmal wenig Freizeit.
Hausaufgabe Wortschatztraining – ein Experiment
Aber ganz ohne häusliches Lernen geht es kaum – selbst an den an sich hausaufgabenfreien Ganztagsschulen üben und wiederholen die Schülerinnen und Schüler das Gelernte häufig zu Hause. Auch Vokabeln eignen sich die Lernenden zu einem großen Teil am eigenen Schreibtisch an, denn der Unterricht bietet selten genügend Raum, um die neuen Vokabeln zu verinnerlichen. Es lohnt sich, die Lernenden nicht nur mit dem Auftrag „Vokabeln von Lektion 5 bis übermorgen lernen“ nach Hause zu schicken, sondern sie zugleich mit verschiedenen Wortschatz-Lernmethoden experimentieren zu lassen.
Ob Karteikarten, elektronisches Wörterbuch, Mnemotechnik oder Mindmap-Methode – Vokabeln kann man auf verschiedene Art lernen. Und was bei dem einen funktioniert, hilft dem anderen nicht unbedingt weiter, deshalb muss jeder seine eigene Strategie entwickeln. Dürfen sie spielerisch und ohne Druck am Nachmittag selbst herausfinden, wie sie persönlich Vokabeln am besten behalten, poliert das nicht nur den Wortschatz auf, sondern kann obendrein viel Spaß bringen. Zum Beispiel im Experiment: Die Klasse teilt sich in vier Gruppen auf, jede Gruppe übt eine Woche lang eine vorher festgelegte Vokabelliste mit einer anderen Methode. Im Anschluss zeigt der Vokabeltest, welche Gruppe die besten Erfolge hatte. Nach einer Woche wechseln die Gruppen die Methoden – bis am Schluss jeder Lernende alle Methoden einmal ausprobiert und seinen persönlichen Favoriten ermittelt hat. Und ist der erst einmal identifiziert, dann nimmt das im Idealfall auch vielen zukünftigen Vokabel-Hausaufgaben den Schrecken.
Beitragsbild: Fotolia 100957507, von Roman Motizov, zugeschnitten und verkleinert

Über Dirk Herzog
Dirk Herzog schreibt seit vielen Jahren über Bildungs- und Schulprojekte. Beim Wortschatz-Blog kümmert er sich um die Themenplanung und redaktionellen Abläufe.
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