Lady Gaga und die Grammys im Englischunterricht
Viel näher kommt man Teenagern nicht!
Wenn es ums Lernen geht, steht sehr schnell der Begriff der intrinsischen Motivation im Raum. So sollten wir als Lehrende es also irgendwie hinbekommen, dass unser Ziel – den Lernenden etwas beizubringen – ihr eigenes Ziel wird, etwas zu können.Im Alltag stößt man da sehr schnell an seine Grenzen, und wenn man ehrlich ist, so ist ein Großteil der Lernenden überfordert oder einfach nicht gewillt, ständig intrinsisch motiviert zu sein. Viele, die schon einmal mit Erwachsenen – zum Beispiel auf einem Betriebsausflug – bei einer Führung oder in einem Museum waren, werden wohl meine Beobachtung teilen: Ein großer Teil unserer bildungsoffenen Mitmenschen unterhält sich an so einem Tag viel lieber mal einfach, als etwas über Kunst o. ä. zu lernen. Der Wille, sich mit etwas Vorgegebenen zu beschäftigen, hängt maßgeblich vom Ausgangsimpuls ab.
Hier ist der Ansatzpunkt für den Einsatz von modernen Songs. Modern ist dabei sehr relativ, da sich die Musikszene ständig ändert. Obwohl – die von unseren Schülerinnen und Schülern in diesem Jahr veranstaltete Karnevalsfeier stand unter dem Motto „80er Party“. Warum also nicht mal die eigene Jugend wiederbeleben?
Einstieg: Grundbegriffe für die Arbeit mit Songs
Für eine siebte Klasse habe ich mir aber ein aktuelles Stück ausgesucht, das bei den Grammys auch mit zwei Auszeichnungen ordentlich abgeräumt hat: Shallow von Lady Gaga & Bradley Cooper.
Beim ersten Einsatz von Songs sollten die Begriffe „Lyrics“, „Verse“, Bridge“ und „Chorus“ vorab geklärt sein. Sie geben Songs die Struktur und sind unabdingbar, um sich im Stück zurecht zu finden. Setze ich Songs ein, dann beginne ich meist mit einem Listening. So auch hier. Den Text habe ich an einigen Stellen bearbeitet und die Aufgabenstellungen eingearbeitet.
Synonyme finden
In einem zweiten Schritt habe ich hier Vokabeln aus dem Text suchen lassen, um so das Textverständnis vorzubereiten.
Synonyms: Find words or phrases with similar meaning in the lyrics
- to be glad
- to look for something
- period of happiness
- …
Bei anderen Songs bieten sich auch “Opposites“ an (z. B. „Hand in my pocket“ von Alanis Morissette) oder man vervollständigt bildhafte Vergleiche (z. B. „Everything at once“ von Lenka). Das hängt vom Song und der eigenen Findigkeit ab.
Leichte und schwierige Songs
An dieser Stelle kann nun die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Stück stattfinden. Dies gestaltet sich je nach Stück manchmal einfacher, manchmal auch schwieriger. Dinge wie Verständlichkeit (Aussprache, Geschwindigkeit, Effekte), Vokabular und Umgangssprache, grammatikalische (In-)Korrektheit (z. B. doppelte Verneinung: „He ain’t no good“ oder falsche Konjugation „She don’t go“) sind zu berücksichtigen und lassen auch viele Songs für den Unterricht gleich ausscheiden.
In meiner Erfahrung sind Balladen, langsame Pop- und Rocksongs bezüglich der Verständlichkeit und Einsetzbarkeit am geeignetsten. Bei Rapsongs habe ich mir schon mit Muttersprachlern lange Diskussionen geliefert. Ich halte viele zwar linguistisch für reizvoll, jedoch für die Unterrichtsvorbereitung im Alltag ungeeignet.
Die inhaltliche Auseinandersetzung
Je nach Stück und je nachdem, an welcher Stelle im Unterricht man ein Musikstück anwendet, kann die inhaltliche Erarbeitung unterschiedlich gestaltet sein.
Einige Beispiele möchte ich hier nennen:
1. In Partnerarbeit werden einzelne Strophen übersetzt und im Plenum besprochen. Obwohl dies nach Englischunterricht der 1950er-Jahre klingt, denke ich, dass dies durchaus seine Berechtigung hat, da gerade Popsongs oft sehr interpretationsoffen sind. Dies wird auch von einigen Künstlerinnen und Künstlern genauso ausgesagt, zum Beispiel von Chris Martin von Coldplay. Das heißt: Jeder kann das hineininterpretieren, was er oder sie zu hören glaubt.
2. Zu einzelnen Zeilen werden im Multiple-Choice-Verfahren mehrere Bedeutungen vorgegeben, aus denen die Schülerinnen und Schüler die richtige heraussuchen müssen:
“Are you happy in this modern world?”
- Do you like it to live in today’s world? or
- What would you change in today’s world?
3. Es werden konkrete Fragen gestellt.
- “Are you happy in this modern world?” What is life like in a modern world? What is good, what is bad about today’s world? Give examples.
4. Kreative Vor- oder Weiterarbeit
Musikvideos gehören heute zur Musik dazu. Man kann Schülerinnen und Schüler ein eigenes Drehbuch für einzelne Strophen oder ein ganzes Lied erstellen oder auch produzieren lassen. Umgekehrt funktioniert dies übrigens auch: Erzählt ein Video eine Geschichte, so kann man dieses erst einmal ohne Ton ansehen und einen möglichen Inhalt von den Schülerinnen und Schülern prognostizieren lassen (wovon könnte dieses Lied handeln?). Die inhaltliche Auseinandersetzung gilt dann dem Abgleich mit den eigenen Ideen. Dies habe ich z. B. schon einmal mit „Numb“ von Linkin Park gemacht.
Bezüglich der Motivation möchte ich auf alle Fälle erwähnen, dass nicht zuletzt dank diverser Casting Shows das Singen wieder sehr angesagt ist, und nach meiner Erfahrung einen ordentlichen Motivationsschub erzeugt.
Wie immer viel Freude beim Ausprobieren.
Download: Arbeitsblatt und Lösungen als Word-Dokument (17 kb)
Beitragsbild: fotolia #190612012 | Urheber: sonate

Über Matthias Wunsch
Matthias Wunsch ist seit 1998 Realschullehrer für die Fächer Englisch, Technik und Religion. Seit einigen Jahren bereitet er Schülerinnen und Schüler auf den "Preliminary English Test of the University of Cambridge" (CEFR Level B1) vor.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!