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Lieber zu zweit als alleine

Kooperative Wortschatzarbeit im Lateinunterricht

Jede Lehrerin und jeder Lehrer hat sich in den letzten Jahren mit der mittlerweile schon berühmt-berüchtigten Hattie-Studie auseinandergesetzt bzw. auseinandersetzen müssen. Dem ein oder anderen wird der Bezug darauf wahrscheinlich schon zu den Ohren rauskommen. Die Ergebnisse der Studie werden teils zu häufig als Allheilmittel verwendet und teils in eher fragwürdigem Zusammenhang gebraucht. Was die Studie jedoch uns Lehrerinnen und Lehrern gebracht hat, ist die Erkenntnis, dass unsere Schülerinnen und Schüler Feedback brauchen und zwar so oft es geht. Dass wir das nicht immer leisten können, indem wir vor und nach jeder Unterrichtseinheit aufwendige Diagnosebögen erstellen und auswerten, ergibt sich von selbst. Mir geht es mit meinem Beitrag darum aufzuzeigen, wie kooperative Lernformen im Bereich der Wortschatzarbeit neben den Vokabelkenntnissen auch die gegenseitige Feedbackkultur stärken können.

Der Tandembogen – ein Klassiker

Eine klassische Partnerarbeit ist das Vokabeltandem. Hier gilt es für die Schülerinnen und Schüler einerseits, ihre eigenen Vokabelkenntnisse zu testen und die des Partners zu überprüfen. Sie nehmen somit eine Prüflings- und Prüferrolle ein. Ein typischer Bogen (hier zum Beispiel zum Ablativ mit Präposition) könnte so aussehen:

Tandembogen zum Ablativ mit Präpositionfür den Lateinunterricht. Urheber: Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen (Esslingen), Creative Commons BY-NC-SA 3.0 Lizenz Deutschland. Leicht veränderte (formatierte) und in ein JPG umgewandelte Version der Originaldatei.

Tandembogen zum Ablativ mit Präposition für den Lateinunterricht. Urheber: Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen (Esslingen), Creative Commons BY-NC-SA 3.0 Lizenz Deutschland. Leicht veränderte (formatierte) und in ein JPG umgewandelte Version der Originaldatei.

Der Tandembogen und weitere sind auf dem Server für LehrerInnenfortbildung Baden-Württemberg zu finden.

Grundsätzlich sollte man darauf achten, die Schülerinnen und Schüler für die abschließende „Korrekturphase“ zu sensibilisieren. Es kann nicht darum gehen, sich gegenseitig zu übertrumpfen und das Feedback auf ein „Das ist falsch!“ zu beschränken. Vielmehr sollte man das Gespräch untereinander dazu nutzen, die vorhandenen Lücken gemeinsam zu stopfen. Dies kann durch zusammen entwickelte Merkhilfen, Eselsbrücken etc. geschehen.

Alleine – zu zweit – in der Gruppe (TPS)

Das Grundprinzip des kooperativen Lernens heißt THINK – PAIR – SHARE (TPS). Die Schülerinnen und Schüler befassen sich zuerst in Einzelarbeit (THINK) mit einem Thema/einer Aufgabe, tauschen ihre Ergebnisse anschließend mit dem Partner (PAIR) aus, bevor alles in eine größere Gruppe gegeben wird. Die letzte Phase (größere Gruppe) kann auch übersprungen werden. Die Klein- bzw. Großgruppe präsentiert dann nach einer weiteren Überarbeitungsphase das Ergebnis der Klasse (SHARE).

Wie lässt sich diese Methode nun auf die Wortschatzarbeit im Lateinunterricht übertragen? Eigentlich relativ einfach: Man nimmt ein Sachfeld/Thema (zum Beispiel „Religion“, „Kampf“, …) und gibt der Klasse die Aufgabe, zuerst alleine einen Vokabelspeicher zum entsprechenden Sachfeld anzulegen. In der PAIR-Phase werden die Ergebnisse mit denen des Partners abgeglichen, unpassende Wörter gestrichen, neue ergänzt. Schon jetzt könnte man den Kleingruppen die Aufgabe stellen, aus der Vokabelsammlung eine strukturierte Mind Map zu entwerfen. Je nachdem, ob die „Großgruppen-Phase“ zwischengeschaltet wird, lässt sich die Mind Map noch weiter verfeinern.

Natürlich ist es auch denkbar, diese Methode arbeitsteilig durchzuführen. Verschiedene Sachfelder als Mind Map auf einem Plakat … eine Zierde für jedes Klassenzimmer!

TPS: Placemat

Eine Variante des TPS-Prinzips ist die so genannte „Platzdeckchen“-Methode (Placemat). Als Grundlage dient ein großes Blatt (am besten DIN A2), das in verschiedene Bereiche untergliedert wird.

Placemat – Vorlage

Placemat – Vorlage

Idealerweise wird die Lerngruppe in Vierergruppen unterteilt. Jede Gruppe nimmt sich einen Tisch und besetzt die vier Seiten des Tischs. In der Mitte der Placemat steht der Oberbegriff, der das Thema/Sachfeld eingrenzt. Im ersten Schritt (Think) notiert jede Schülerin/jeder Schüler auf seinem Feld die lateinischen Begriffe, die ihr oder ihm zum entsprechenden Sachfeld einfallen. Im nächsten Schritt (Pair) tauscht sich die Gruppe nun darüber aus, welche Begriffe in das mittlere Ergebnisfeld übernommen werden. Unpassende Wörter werden gestrichen, eventuell noch weitere ergänzt. Am Ende präsentiert die Gruppe (Share) ihre Arbeit vor der Klasse.

Nach dem ersten Schritt könnte als Variation noch ein weiterer Zwischenschritt eingebaut werden. So wäre es durchaus auch denkbar, die Placemat um 90 Grad zu drehen bzw. die Schülerinnen und Schüler den Platz tauschen zu lassen, um so eine weitere Überprüfungsphase zu ermöglichen.

TPS: Jigsaw (Gruppenpuzzle)

Die Methode „Gruppenpuzzle“ hat in seiner Ausbildung bestimmt jede Referendarin und jeder Referendar schon einmal gehört. Über alle Fächergrenzen hinweg. Eine Variante dieser Methode für die Wortschatzarbeit im Lateinunterricht soll hier kurz vorgestellt werden. Auch sie funktioniert nach dem Prinzip „Think – Pair – Share“.

Die Klasse/Lerngruppe bekommt ein Thema/Sachfeld genannt, etwa „die römische Stadt“. Nachdem die Klasse in Kleingruppen (3-4 Schülerinnen und Schüler) eingeteilt wurde, erhält jedes Gruppenmitglied eine Wortart zugeteilt (Substantiv, Verb, Adjektiv, Sonstiges) und soll nun möglichst viele Vokabeln der entsprechenden Wortart zum Thema finden. In einer zweiten Phase treffen sich alle „Experten“ an einem Tisch und tauschen sich über ihre Ergebnisse aus, ergänzen bzw. streichen. Nach dieser Phase kehrt jeder Experte wieder in seine Stammgruppe zurück und berichtet. Auf einem Plakat (oder besser noch auf einer Mind Map) werden nun alle Wörter gesammelt und strukturiert, mit Bildern versehen, gruppiert usw.

Fazit

Der hier vorgestellte Methodenpool lässt sich natürlich noch um einige Methoden erweitern. Sehr leicht lassen sich die kooperativen Lernformen auch auf das Formentraining und auch weitere Bereiche des Lateinunterrichts übertragen. Kooperatives Lernen wirkt auf (fast) alle Schülerinnen und Schüler hoch motivierend und sollte deshalb immer wieder im Unterricht eingesetzt werden. Und wenn wir Herrn Hattie Glauben schenken, ist diese Art von Unterricht wirkungsvoll.


Beitragsbild: fotolia #138639118 | Urheber: Africa Studio

Über Dennis Gressel

Dennis Gressel ist ein waschechter Badener und unterrichtet seit 2006 am altsprachlichen Bismarck-Gymnasium in Karlsruhe die Fächer Latein, Sport und Ethik. Er ist auch in der Weiterbildung für Lehrkräfte tätig und möchte hier seine Ideen zu einem modernen und motivierenden Lateinunterricht einbringen.

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