My Son the Fanatic: Was bedeutet eigentlich “fanatic”?
Die Kurzgeschichte “My Son the Fanatic” erschien erstmals 1994 in der New York Times. Ihr Autor ist Hanif Kureishi, britischer Schriftsteller und Filmemacher. Seine Familie stammt aus England, Pakistan und Indien. 2008 wurde Kureishi von der Times als einer der 50 größten britischen Autor*innen ausgezeichnet. Seine wohl bekannteste Kurzgeschichte “My Son the Fanatic” ist empfohlene Lektüre für Englischkurse der gymnasialen Oberstufe und häufig Abiturthema im Themenkomplex Migration/Kultur in Grund- und Leistungskursen.
Darum geht es in „My Son the Fanatic“
Der Protagonist Parvez ist Taxifahrer in London und beobachtet bei seinem Sohn Ali ein verändertes Verhalten: Ali verkauft seine Computerspiele und Gitarre, hält sein Zimmer auffallend ordentlich, bleibt dem Sport fern, trägt Bart, betet häufig und bricht Kontakte zu Freunden ab. In einem Gespräch wirft er seinem Vater vor, er befolge islamische Regeln nicht genügend. Ali hingegen wolle für den Islam kämpfen und sei bereit zu sterben. Zuletzt beleidigt Ali seinen Vater und dessen gute Bekannte aufgrund ihrer Arbeit als Prostituierte. Parvez schlägt seinen Sohn – der daraufhin fragt, wer denn nun der Fanatiker sei.
Wörterbucharbeit nach dem Schneeballprinzip
Die Frage: “So, who’s the fanatic now?” kann Aufhänger einer Wortschatz-, Wörterbuch- und Analyseeinheit zur Geschichte sein. Wie beantwortet man sie? Eine Möglichkeit ist, sich ähnlich wie beim Schneeballprinzip von Wortdefinition zu Wortdefinition zu hangeln und zu den Schlüsselbegriffen Nachweise in der Geschichte zu finden.
Wer “fanatic” nachschlägt, erhält in einsprachigen Lexika zum Beispiel folgende Definitionen: (bspw. Oxford Advanced Learner’s Dictionary, Merriam Webster, Cambridge English Dictionary)
- DISAPPROVING a person exhibiting excessive enthusiasm and intense uncritical devotion toward some controversial matter (as in religion or politics)
- DISAPPROVING holding, expressing or connected with extreme or dangerous opinions (fanatic followers of the cult leader, fanatic ideology. Fanatic about something: He’s fanatic about his religious beliefs.
- a person filled with excessive and single-minded zeal, especially for an extreme religious or political cause.
- a person who has very extreme beliefs that may lead them to behave in unreasonable or violent ways
Zwar findet sich auch die letzte der vier Definitionen des Wortes, jedoch kann im Unterrichtsgespräch schnell ausgeschlossen werden, dass diese Bedeutung der Frage zugrunde liegt. Hier zeigt sich eine gute Gelegenheit, Wörterbucharbeit gemeinsam zu betrachten.
- INFORMAL a person with an obsessive interest in and enthusiasm for a particular activity. “a fitness fanatic”
Aus den ersten Definitionen ergeben sich weitere Fragen: Was genau ist excessive? Was genau ist intense uncritical devotion? Was ist controversial? Was bedeutet single-minded? Und was ist extreme, was violence? Die Lernenden werden aufgefordert, auch diese Begriffe nachzuschlagen und Beispiele aus der Kurzgeschichte für solches Verhalten mit direkten und indirekten Zitaten zu belegen.
Definition | Example from the short story (or: no proof) | Ali/Parvez | |
excessive enthusiasm | Ali | ||
Parvez | |||
intense devotion | |||
uncritical devotion | |||
controversial matter | |||
single-minded zeal | |||
extreme religious or political beliefs | |||
unreasonable behaviour | |||
(verbal/physical) violence | |||
Vom Wortschatz zur Erzählperspektive
Im Anschluss an die Übung wird sich zeigen, dass wir mehr über Ali erfahren als über seinen Vater. So können wir auf das Thema Erzählperspektive zu sprechen kommen. Auch können wir hier zeigen, üben und vertiefen, wie sich indirekte und direkte Zitate unterscheiden. Da wir Parvez‘ Erzählperspektive verfolgen, sind Zitate über Ali direkt, während wir Parvez nur indirekt charakterisieren können.
Die Kurzgeschichte ist in Text- und Materialsammlungen von Reclam und mehreren Schulbuchverlagen erschienen. In den Annotationen finden sich hilfreiche Vokabeln, die für die Wortschatzarbeit ins Zentrum gerückt werden können, im Unterricht allerdings teilweise wenig Beachtung finden. Schlüsselbegriffe können die Analyse, wessen Verhalten fanatisch ist, unterstützen – am besten in Frageform.
- Which surreptitious behaviour is displayed by the characters?
- Which attitudes to the protagonists show towards each other?
- Can the question “Who is the fanatic now?” be answered conclusively?
- In how far do the protagonists show eccentricity?
- Is there any lewd behaviour that can be noticed?
- Is one of the characters doing something extremely scrupulously?
- Who condemns the other’s behaviour?
All diese Begriffe helfen, die übergeordneten Fragen zu beantworten:
- How do they communicate with each other?
- Which words describe the tone of their conversations?
Dazu könnten weitere Vokabeln hilfreich sein:
condemning – castigate – reproach – reluctantly – friendly – grave – elicit – open-minded – caring – reproach – sullen – judgemental – interested – brusque – pitiless – forgiving – suspicious – supportive
Nicht alle Lernenden müssen alle Fragen beantworten. Die Fragen können beispielsweise zugelost oder ausgesucht werden. Wenn jede Person zwei Fragen beantwortet, können im Anschluss Walk & Talk-Gespräche stattfinden, bei denen die Antworten ausgetauscht und die neuen Vokabeln erklärt werden.
Eltern-Kind-Beziehung einordnen
Das neue Vokabular kann zur Festigung auf einer Übersicht zwischen den Polen „Zugewandte Eltern-Kind-Beziehung“ und „Feindliche Eltern-Kind-Beziehung“ eingetragen werden. Natürlich gibt es dabei Raum für Subjektivität.
Einen Brief an die Protagonisten schreiben
Zuletzt können die Lernenden ihre Ansichten zum Vater-Sohn-Verhältnis in einem Brief zum Ausdruck bringen. Sie haben dabei die Wahl, wer wem schreibt: der Vater dem Sohn, der Sohn dem Vater oder eine außenstehende Person an einen Protagonisten. Sie können sich zunächst überlegen, in welche Richtung sie das Verhältnis durch ihren Brief beeinflussen möchten und können zehn neue Vokabeln auswählen, die in diesem Brief eine Rolle spielen sollen.
Langsame Hinführung und Hilfen für die Lerngruppe
Sollte die Lerngruppe mit sehr freien Aufgaben noch überfordert sein, können die nachfolgenden Aufgaben auch als Hinführung oder Alternative eingesetzt werden:
- When first reading the short story, underline the ten sentences that stand out most for you. In addition, highlight ten central words that can represent the story.
- Which changes does Parvez notice in his son Ali’s behaviour? Make a drawing of Ali in his room before and after the change and add quotes to the drawings.
- “Like [Parvez] most of the other drivers were Punjabis.”– Do some research on Punjabi identity and culture.
- Which roles do men and women play in the short story? (Give lines when you use indirect and direct quotes.)
- Parvez finds it difficult to talk to his colleagues because…
- They tell him to…
- In the short story women…
- The English girlfriend…
- The ‘brasses’…
- Parvez’ wife…
- Bettina…
- Analyse Parvez’s behaviour when he suspects that something is weird in “the boy’s” life.
- “Insolent”, “winced”, “made a fastidious face”, “a horrible look on his face, full of disgust and censure. It was as if he hated his father.” … Explain how the word choice characterizes the father’s view on his son.
- “You are too implicated in Western civilization …” – Analyse the use of direct and indirect speech. Who gets to speak? What is the effect on the reader?
- Parvez’s wife is mentioned twice in the story. Both times the same term is used to describe the way Parvez speaks to her. Which other words could have been used? What does this show about Ali’s parents’ relationship?
- Discuss in how far Parvez deals well with his son’s radicalization.
- “So who’s the fanatic now?” Discuss in how far the point of view of the narration influences the answer to the question.
- Re-write one paragraph of the short story from Ali’s point of view.
- Choose ten words from the annotations, familiarize yourself with their meaning and turn them into a five-sentence short story or a five-line poem.

Über Mareike McKim
Mareike McKim ist Gymnasiallehrerin für die Fächer Englisch, Deutsch und Darstellendes Spiel an einer Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe in Hessen. Sie ist UNESCO-Delegierte für die Rolle von Bildung für Frieden und Nachhaltigkeit. Gemeinsam mit ihren Kollegen beim Pestalozzi-Programm des Europarats und anderen ehemaligen Finalisten des Weltlehrerpreises setzt sie sich für nachhaltige Bildung und die Anerkennung des Lehrberufs ein. Ihr Konzept einer Bildung für Frieden und Nachhaltigkeit vertritt sie als Sprecherin und Autorin in Fortbildungen und bei Konferenzen, u.a. bei TEDxHeidelberg. Blog: www.mareikehachemer.jimdo.com
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