Podcasts – das unterschätzte Format im Englischunterricht
Eine gute Möglichkeit, mit der Lehrkräfte das Hörverstehen im Unterricht fördern können, sind Podcasts. Davon gibt es viele meist kostenlose und frei zugängliche Fundstücke im Netz.
Podcasts werden immer beliebter
Obwohl Podcasts seit rund zehn Jahren etabliert sind, steigt ihre Beliebtheit erst seit Kurzem spürbar: Laut einer aktuellen Bitkom-Studie hört jede/r fünfte Deutsche hin und wieder Podcasts und immerhin jede/r Zweite hat schon einmal einem Podcast gelauscht. Noch vor zwei Jahren war nur jede/r Siebte Podcast-Fan.
Die Gründe hierfür sind wahrscheinlich vielschichtig. Fest steht: Mittlerweile gibt es für jedes noch so exotische Interesse den passenden Podcast. Außerdem steigen wir zunehmend auf mobile Geräte um – und Podcasts werden in der Regel unterwegs gehört. Sie passen sich unserem Alltag bestens an, sei es auf dem Weg nach Hause, beim Putzen oder beim Sport.
Gute Voraussetzungen für Wortschatzarbeit
Für Englischlernende sind Podcasts aus vielen Gründen von Vorteil. Besonders wichtig: Sie schulen aktives Zuhören, denn im Gegensatz zu anderen Übungen, wie etwa Serien im Original (mit Untertiteln) zu schauen, wird hier nur ein Sinn beansprucht. Bild und Text lenken nicht ab, wenn es ums Zuhören geht.
Für Wortschatzarbeit sind das günstige Bedingungen: Weil man bei Podcasts meistens authentischen Gesprächssituationen folgt, kann der oder die Hörende die Bedeutung unbekannter Wörter entweder aus dem Kontext erschließen, die entsprechende Stelle jederzeit erneut abspielen oder die Wörter aufschreiben und nachschlagen. Zudem werden Lernende, je nach Podcast, gleichzeitig für verschiedene Varietäten sensibilisiert.
Im Folgenden seien drei kostenlose Podcasts kurz vorgestellt. Sie richten sich speziell an Englischlernende und sind dementsprechend konzipiert. Abhängig von Lerngruppe, Niveau und Thema kann natürlich auch jeder andere Podcast das Hörverstehen fördern.
1. LearnEnglish Podcasts
Mit derzeit 60 Episoden bietet dieser kostenlose Podcast des British Council eine große thematische Breite für die Sprachniveaus A2 und B1. Es geht um alltägliche Situationen mit alltäglichem Vokabular. Das Tolle an diesem Podcast ist die umfassende Aufbereitung: Neben allgemeinen Lerntipps und Tipps für den Start bietet LearnEnglish eine Fülle an Zusatzmaterial für jede Episode: Tipps zur Vorbereitung, das Transkript, eine Audio-Downloadfunktion, verschiedene Lernaufgaben sowie ein „Support Pack“ zum Download. Neben relativ kurzen Sessions von etwa zehn Minuten sind manche allerdings auch ziemlich lang (bis zu 30 Minuten).
2. Voice of America
Etwas anders geht es bei Voice of America zu. Die insgesamt über 80 kostenlosen Lektionen erstrecken sich über zwei Kurse – jeweils einer für die Levels 1 und 2. Auch hier ist die Palette an Zusatzmaterial zu jeder Lektion üppig: Neben dem Transkript gibt es ein Aufgabenblatt, ein Quiz, eine passende Lernstrategie und eine Vokabelliste. Voice of America bietet nicht nur Audiospuren an, sondern zusätzlich fünfminütige Erklärvideos von alltäglichen Situationen mit interaktiven Aufgaben und Untertiteln. Aufgrund des Lehrcharakters der Videos wirken die Alltagssituationen jedoch wenig authentisch und manchmal etwas befremdlich.
Darüber hinaus stehen verschiedene Programme im Angebot. Sie sind entweder nach Interessen, zum Beispiel Gesundheit und Lifestyle, Wissenschaft und Technologie, Kunst und Kultur, oder nach Level 1 und Level 2 kategorisiert. Aktuelle und zeitlose Themen werden teilweise mit Text angeboten – dann mit Vokabeln und manchmal Quizzen – teilweise aber auch nur im Audio-Format. Pluspunkte sind das langsame Sprechtempo und das Word Book mit allen relevanten Vokabeln.
3. BBC Podcasts
Wem das noch nicht reicht, der sei auf das riesige Angebot der BBC verwiesen: Besonders Podcasts wie das Dreiergespann “6 Minute English/Vocabulary/Grammar” oder “The English We Speak” sollte jede/r Englischlehrende und -lernende kennen.
Als Beispiel: In „6 Minute English“ diskutieren zwei Personen Fragen, die wir uns alle schon einmal gestellt haben: Machen Smartphones abhängig? Ist Technologie die Antwort auf alles? Der Vorteil liegt auf der Hand: Hier handelt es sich tatsächlich um echte, unterhaltsame Gespräche. Trotzdem sprechen die Personen klar, deutlich und in kurzen Sätzen.
Die Nachteile: Leider sind immer nur wenige Episoden gleichzeitig frei verfügbar. Und es gibt – von der Download-Funktion abgesehen – keinen Zusatzservice wie Transkripte oder Aufgaben. Für Anfänger sind diese Podcasts deshalb eher ungeeignet.
Eine Übersicht mit weiteren Podcasts gibt es unter anderem bei fluentu oder superprof.
Fazit: kein Allheilmittel
Grundsätzlich sollten fertige Podcasts nicht als das Nonplusultra betrachtet werden, sie sind allenfalls ein ergänzendes Tool für spannenden Unterricht – wenn er denn den didaktischen und methodischen Lernzielen dient – und nicht andersherum.
Von der Lehrperson selbst erstellte Podcasts eröffnen dagegen zusätzliche Möglichkeiten, wie etwa Aufgaben themen- und lerngruppenspezifisch aufzubereiten oder binnendifferenziert vorzugehen. Zum eigentlichen Unterrichtsinhalt wird er erst dann, wenn die Schülerinnen und Schüler selbst richtige Podcaster werden. Spätestens hier zeigt sich das volle Potenzial dieses Formats. Dies ist aber noch einmal ein ganz anderes Thema.
Beitragsbild: Fotolia_189148533 | Urheber: spaxiax

Über Dirk Herzog
Dirk Herzog schreibt seit vielen Jahren über Bildungs- und Schulprojekte. Beim Wortschatz-Blog kümmert er sich um die Themenplanung und redaktionellen Abläufe.
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