Wortschatzarbeit bei Crime Fiction
John Grishams Thriller „A Time to Kill“ bietet Stoff für emotionale Diskussionen
Gibt es eine Rechtfertigung dafür, einen Straftäter zu töten? Der christlich geprägte Westen ist sich in dieser Frage uneins. Nach wie vor gibt es die Todesstrafe in einigen Bundestaaten der USA und jede Hinrichtung wird in den deutschen Medien berichtet.
Gibt es eine Rechtfertigung für Selbstjustiz? „Wohl kaum!“, wird man bei uns antworten. Und doch wirft der Roman „A Time to Kill“ von John Grisham oder „Die Jury“ (so der deutsche Buch- und Filmtitel) genau diese Frage auf.
A Time to Kill: die Story
Das schwarze zehnjährige Mädchen Tonya wird auf dem nach Hause Weg von zwei weißen Männern mehrfach vergewaltigt. Sie versuchen, Tonya umzubringen, scheitern aber an ihrer eigenen Feigheit. Das Ganze spielt im ländlichen/kleinstädtischen Mississippi der 1950er oder 60er Jahre.
Gemäß dem amerikanischen Justizsystem werden solche Verbrechen vor Gericht von einer Geschworenenjury entschieden. Laut dem Roman besteht aber in der Kleinstadt Clanton in Mississipi kaum eine Chance, dass ein Weißer für ein Verbrechen an einem Schwarzen verurteilt wird. Tonyas Vater Carl Lee (im Film dargestellt von Samuel L. Jackson) erschießt die beiden Täter nach deren erster Anhörung vor Gericht.
Es ist eindeutig, dass er der Täter ist. Er wurde erkannt, es gibt Unmengen an Beweisen und eigentlich nichts, was ihn entlasten könnte. Schafft es der junge, unerfahrene Anwalt Jake Brigance (im Film gespielt von Matthew McConaughey) trotzdem, Carl Lee vor dem elektrischen Stuhl zu bewahren?
Nun ja, das Buch ist amerikanisch und der Film ebenso – insofern muss ich hier kein Ende erzählen. Aber – und dies ist ein unglaubliches Plus dieses Buchs – er berührt das Gerechtigkeitsempfinden sofort und die Schülerinnen und Schüler wollen unbedingt wissen, was in der Geschichte passiert und wie sie ausgeht.
Grisham als Lektüre in Klasse 10 – methodische Überlegungen
Ich habe dieses Buch, das es als Easy-Reader-Version (Penguin Readers, Level 5) gibt, schon mehrfach mit zehnten Klassen gelesen und bin in folgenden Schritten vorgegangen, um den Einstieg in das nötige Vokabular zu finden:
Bei diesem Buch habe ich in einem ersten Schritt die Vokabeln (Arbeitsblatt – PDF), die ich für wichtig erachte, ohne Übersetzung aufgelistet.
Beim Lesen der Kapitel gibt es verschiedene Aufgaben, bei denen die Vokabeln immer wieder von Nutzen und Nöten sind. Zum Beispiel schreiben die Schülerinnen und Schüler Tagebucheinträge, Briefe einzelner Personen, Zeitungsberichte oder sie entwickeln in Rollenspielen Gespräche (Roleplays) – etwa im Café über das Geschehene. In Gruppenarbeit zu arbeiten sie zum Thema „The perfect juror for the prosecutor or for the defence“
In Laufe der ersten drei Kapitel werden die meisten Akteure eingeführt, so dass wir nun gemeinsam in Gruppen Mindmaps der handelnden Personen und ihrer Beziehungen zueinander erstellen. Diese Mindmaps besprechen wir im Unterricht.
In allen folgenden Stunden, während derer wir weitere Kapitel erarbeiten, ist es Aufgabe der Lernenden, neues Vokabular in diese Mindmap einzutragen. So entsteht ein Geflecht aus Beziehungen, das durch die Vokabeln mit Leben gefüllt wird. Ergänzend ermuntere ich die Schülerinnen und Schüler dazu, neue Vokabeln farblich nach grammatikalischer Zugehörigkeit zu sortieren.
Mein Fazit
Mit Crime Fiction wird man zwar nicht unbedingt den Ansprüchen an große Literatur gerecht. Schafft es aber ein Buch, die Schülerinnen und Schüler emotional zu berühren – wie in meinem Beispiel über ihr Gerechtigkeitsempfinden – so steigt die intrinsische Motivation, sich Vokabular über Lesen und Nachschlagen zu erarbeiten. Ein Transfer findet in allen geeigneten Kapiteln über Role-Plays oder kreative Schreibaufträge statt.
Beitragsbild: #63177518 | Urheber: Alex

Über Matthias Wunsch
Matthias Wunsch ist seit 1998 Realschullehrer für die Fächer Englisch, Technik und Religion. Seit einigen Jahren bereitet er Schülerinnen und Schüler auf den "Preliminary English Test of the University of Cambridge" (CEFR Level B1) vor.
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